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Donnerstag, 18. April 2013

Die ersten Vorlesungen

Fuer mich begann also die erste Woche mit Vorlesungen und ich habe mir fuer dieses Semester 4 Vorlesungen ausgesucht. Im Prinzip ist das auch gar nicht viel, da alle Vorlesungen 2 Termine mit je 90 minuten pro Woche beinhalten.
Montags hatte ich dadurch frei und konnte in einem Buch lesen, das mir Professor Pham gegeben hat. Gegen 15 Uhr habe ich dann noch bei ihm im Buero vorbei geschaut, um mir weitere Arbeitsanweisungen abzuholen.
Die Abende im Wohnheim sind entweder sehr gesellig oder ruhig, dazwischen gibt es kaum etwas. Die beiden anderen internationalen Studentinnen in meiner WG sehe ich fast nie, hoechstens wenn sie sich in der Kueche schnell etwas kochen.
Dienstags hatte ich dann gleich am Anfang "Stochastic processes", eine Vorlesung von der ich tiefe mathematische Inhalte erwartet habe. Tatsaechlich ist der Professor ein Mathematiker und er scheint formale Definitionen und Beweise zu moegen :)
Leider haben die anderen 4 Studenten (alles Japaner) nur wenig Ahnung von formaler Mathematik und es scheint eine tiefe Kluft bezueglich des Wissens zwischen mir und den anderen zu geben.
Der Prof macht die Vorlesung allerdings wirklich super und erklaert alles sehr anschaulich und langsam jedes Mal auf Japanisch und auf Englisch.
Die Numerik-Vorlesung danach hat mich etwas enttaeuscht - der Prof erklaert zwar auf Englisch aber das komplette Skript ist auf Japanisch, was die Schwierigkeit fuer mich deutlich erhoeht. In der ersten Stunde hatte er etwa 30 Seiten Grundlagen aus der linearen Algebra dabei, die er in 90 minuten runter gerasselt hat (obwohl der Kurs noch 90 minuten laenger gedauert haette...) die Japaner haben in der Zeit hauptsaechlich geschlafen oder was anderes gemacht.
Mittwochs hatte ich dann "Neuronale Netze" zusammen mit Bektur aus Kirgistan, mit dem ich mich momentan echt gut verstehe. Wir haben dann gleich auch ein Team fuer die Gruppenaufgaben gemacht und natuerlich wollte keiner der Japaner in unsere Gruppe ;D aber bisher funktioniert das so ziemlich gut.
Mein vierter Kurs ist "Introduction to bioinformatics" und damit mein langweiligster Kurs... Ich hatte schon einen wirklich ausfuehrlichen Kurs zu dem Thema in Deutschland und die Inhaltsangabe sah auch so aus, als koennte ich da kaum etwas neues lernen.
Am Wochenende bin ich mit dem Fahrrad herum gefahren und habe einen guten Supermarkt gefunden, denn in den Kombinis kann man zwar gut was kleines kaufen aber es gibt dort in der Regel kein frisches Obst oder Gemuese.
Gegen abend sind wir dann wieder zu einer witzigen Geburtstagsfeier gegangen, die auch ohne viel Alkohol bis 5 Uhr morgens gedauert hat.
Dort hatte ich zum ersten Mal ein Gespraech mit einem Japaner ueber 1 Stunde nur auf Japanisch, was allerdings daran lag, dass wir uns ueber Anime unterhalten haben und ich kenne einfach extrem viele ;D Also konnte ich ueber jeden Anime ein paar einfache Saetze machen und auch einfache Saetze verstehen.
Ab Sonntag habe ich mich aber wieder voellig auf das Studium konzentriert und an einem Report fuer meinen Kurs in Bioinformatik gearbeitet. Ich hatte den Professor gefragt und er meinte, dass er 20 Seiten (bei einer Woche Zeit) erwartet. So etwas auf Englisch ueber ein fachliches Thema zu schreiben ist nicht einfach und daher habe ich dort viel Zeit investiert.

Als ich am Mittwoch abend den Report abgeschnickt habe, hatte er 35 Seiten (allerdings waren etwa 15 Seiten davon nur Bilder). Am naechsten Tag habe ich andere Studenten aus dem Kurs gefragt, wieviel sie so geschrieben haben und die meinten dann 1 bzw 0.5 Seiten...
Manchmal nimmt mein Perfektionismus echt krasse Ausmasse an und ich weiss nicht, ob ich das gut finden soll oder nicht :/
Ansonsten falle ich einfach immer ueberall auf und gerade ausserhalb der Uni starren mich die Leute regelrecht an, weil sich hier in die Berge nur wenige Auslaender verirren...
Heute wurde ich vor dem Supermarkt von einem Kerl angesprochen und ich wusste absolut nicht, was er von mir wollte. Er wollte sich allerdings nur schwer abschuetteln lassen und da hab ich echt fuer einen Moment etwas Schiss bekommen.
Oft fuehle ich mich regelrecht sprachlos und ich sitze oft nur dabei waehrend andere reden und versuche verzweifelt irgendwas von dem schnell gesprochenen Japanisch zu verstehen.
Ich kann gar nicht sagen wie sehr ich im Moment ein richtiges Gespraech geniesse. Zum Beispiel war ich gestern mit einem Studenten aus meinem Research-lab essen und wir haben uns auf Japanisch und Englisch unterhalten.
Allerdings bleiben solche Gespraeche meist simpel und ich habe das Gefuehl, dass vieles ungesagt bleibt - allerdings gehoert das "Zwischen den Zeilen lesen" auch hier irgendwie mit zur Kultur.

Trotzdem geht's mir hier gut und ich geniesse mein Leben in Japan :)

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